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Nebenklage im Strafverfahren: So können Opfer aktiv ihre Rechte wahrnehmen

Wer Opfer einer Straftat geworden ist, muss nicht passiv bleiben. Über die sogenannte Nebenklage haben Betroffene die Möglichkeit, sich aktiv am Strafprozess zu beteiligen – und dadurch ihre Position deutlich zu stärken. Anders als bei einer bloßen Zeugenrolle sind Nebenkläger:innen eigenständige Verfahrensbeteiligte mit umfassenden Rechten.

Was bedeutet Nebenklage?

Mit einer Nebenklage schließen sich Opfer einer Straftat der Anklage der Staatsanwaltschaft an. Dies ist insbesondere in Fällen schwerer Delikte wie sexueller Übergriffe, Körperverletzung oder versuchter Tötung möglich. Wer als Nebenkläger auftritt, wird als Partei im Strafverfahren geführt und kann das Verfahren aktiv mitgestalten.

Diese Rechte haben Nebenkläger:innen

1. Akteneinsicht
Nebenkläger:innen haben ein grundsätzliches Recht auf Einsicht in die Ermittlungsakte. Dieses Recht kann jedoch ausschließlich über eine anwaltliche Vertretung ausgeübt werden.

2. Teilnahme an der Hauptverhandlung
Nebenkläger:innen – und ihre Anwält:innen – dürfen an sämtlichen Verhandlungstagen teilnehmen. So können sie das Verfahren vollständig verfolgen und sind stets informiert.

3. Beweisanträge stellen
Es besteht die Möglichkeit, eigene Beweismittel einzubringen. Dazu zählen z. B. die Benennung von Zeug:innen, die Anforderung von Sachverständigengutachten oder die Verlesung relevanter Unterlagen.

4. Fragen stellen
Während der Verhandlung dürfen Nebenkläger:innen dem Angeklagten, Zeug:innen oder Gutachter:innen Fragen stellen – direkt oder über ihre anwaltliche Vertretung. Ebenso können sie unzulässige Fragen anderer Verfahrensbeteiligter beanstanden.

5. Ausschluss des Angeklagten
In besonders belastenden Situationen, etwa bei persönlichen Aussagen zu schweren Gewalttaten, kann beantragt werden, dass der Angeklagte während der Vernehmung nicht anwesend ist.

6. Befangenheitsanträge
Nebenkläger:innen können Richter:innen oder Sachverständige ablehnen, wenn die Besorgnis der Befangenheit besteht.

7. Rechtsmittel einlegen
Wird der Angeklagte freigesprochen oder das Urteil fällt zu mild aus, können Nebenkläger:innen in bestimmten Fällen Rechtsmittel wie Berufung oder Revision einlegen.


Wer darf Nebenklage erheben?
Laut § 395 StPO können sich Betroffene bestimmten Straftaten durch Nebenklage anschließen. Dazu gehören unter anderem:

  • Sexualdelikte (z. B. Vergewaltigung, sexueller Missbrauch)
  • Körperverletzungsdelikte
  • versuchte Tötungsdelikte
  • Straftaten gegen die persönliche Freiheit (z. B. Stalking, Freiheitsberaubung)


Ist ein Mensch durch ein Verbrechen ums Leben gekommen, dürfen auch nahe Angehörige (Eltern, Kinder, Geschwister, Ehepartner:innen oder Lebenspartner:innen) Nebenklage erheben. Minderjährige Opfer benötigen die Zustimmung oder Vertretung durch eine sorgeberechtigte Person.


Wie erfolgt der Anschluss als Nebenkläger:in?

Der Weg zur Nebenklage führt über eine sogenannte Anschlusserklärung. Damit erklären Betroffene schriftlich, dass sie sich der Strafverfolgung der Staatsanwaltschaft anschließen. Dies ist zu jedem Zeitpunkt im Verfahren möglich – sogar erst in der Berufungsinstanz.


Muss ich für die Nebenklage eine Anwältin oder einen Anwalt beauftragen?

Ein Anwaltszwang besteht für die Nebenklage grundsätzlich nicht. Wer seine Rechte jedoch umfassend nutzen möchte, sollte anwaltliche Unterstützung in Anspruch nehmen. Ein erfahrener Rechtsbeistand:

  • begleitet Sie zur Hauptverhandlung
  • unterstützt Sie bei der Aussage
  • stellt Anträge im Verfahren
  • berät zu möglichen zivilrechtlichen Ansprüchen wie Schmerzensgeld oder Schadenersatz im Rahmen eines Adhäsionsverfahrens


Wer trägt die Kosten der anwaltlichen Vertretung?

Die gute Nachricht: In vielen Fällen übernimmt die Staatskasse die Kosten. Eine Beiordnung durch das Gericht ist etwa möglich bei:

  • Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung
  • versuchten Tötungsdelikten


Auch einkommensschwache Betroffene können Unterstützung erhalten. Ist keine Beiordnung möglich, kann Prozesskostenhilfe beantragt werden – vorausgesetzt, die Betroffenen sind nicht in der Lage, ihre Rechte eigenständig zu vertreten und die Sachlage ist komplex.

Fazit: Nebenklage stärkt die Stimme der Opfer

Die Nebenklage ist ein wichtiges Instrument, um die Interessen von Opfern im Strafverfahren wirksam zu vertreten. Durch die aktive Teilnahme am Verfahren und mit anwaltlicher Unterstützung können Betroffene Einfluss nehmen, Gerechtigkeit einfordern und emotionale Entlastung erfahren.

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